Nach 110 Jahren wird aus dem Carl-Thiem-Klinikum Cottbus die Medizinische Universität Lausitz – Carl Thiem
Die Anwesenheit des Bundeskanzlers und des Brandenburgischen Ministerpräsidenten machten es deutlich: Der Festakt zum 110-jährigen Bestehen des Carl-Thiem-Klinikums (CTK) in Cottbus hat eine historische Dimension. Ab dem 1. Juli 2024 wird aus dem größten Maximalversorger im Land Brandenburg das erste staatliche Universitätsklinikum des Landes. Mit dem Trägerwechsel ändert sich auch der Name: Aus dem Carl-Thiem-Klinikum Cottbus wird die Medizinische Universität Lausitz – Carl Thiem (MUL).
Die historische Dimension betonte auch Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Rede zum Festakt: „Die Gründung einer Universitätsklinik ist eine gute Idee für Cottbus, für die Lausitz, für Brandenburg und für Deutschland. Bis zu 200 Medizinerinnen und Mediziner, die wir in unserem Land so dringend brauchen, sollen hier in Cottbus künftig Jahr für Jahr ausgebildet werden. 80 Professuren entstehen sowie 1300 Arbeitsplätze für Fachkräfte. Das ist ein ganz wichtiger Teil des Zukunftsprojekts in dieser Region. Natürlich sichern ein neues ICE-Werk, einer der größten Batteriespeicher Europas, ein Industriepark und eine neue Universitätsklinik für sich allein nicht die Zukunft einer ganzen Region. Aber all das zusammengenommen ist schon einmalig in Deutschland.“
Dem pflichtete Brandenburgs Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke bei. Er ist einer der Treiber hinter dem Transformationsprozess des Krankenhauses zur landeseigenen Universitätsmedizin. Er verpasste nicht die Gelegenheit, sich bei allen an diesem Mammutprozess Beteiligten zu bedanken: „2019 haben wir im Abschlussbericht der Kohlekommission das Projekt einer ‚Modellregion Gesundheit Lausitz‘ benannt. Es gab skeptische Gemüter zu diesem ambitionierten Vorhaben. Doch heute können wir voller Stolz sagen: Wir sind erfolgreich. Ich danke allen, die sich in den vergangenen fünf Jahren dafür stark gemacht und eingesetzt haben, sodass wir ab 1. Juli die erste staatliche Universitätsmedizin im Land Brandenburg haben. Sie ist Herz und Leuchtturm-Projekt des Strukturwandels und der Strukturentwicklung in der Lausitz.
Hier werden unsere dringend benötigten Medizinerinnen und Mediziner für eine gute und verlässliche medizinische Versorgung im ganzen Land ausgebildet. Sie wird der regionalen Entwicklung einen kräftigen Schub geben und kann zum Modellprojekt für ganz Deutschland werden, bei dem es um die Gesundheitsversorgung der Zukunft geht.“ Dem CTK gratulierte er herzlich zum 110. Geburtstag und dankte den Beschäftigten für ihr Engagement zur Gesundheitsversorgung in der gesamten Region.
Sein kleines weinendes und sein großes lachendes Auge betonte Tobias Schick, Oberbürgermeister der Stadt Cottbus/Chó¶ebuz. Die Kommune gibt auf der einen Seite ein traditionsreiches Tochterunternehmen auf, auf der anderen Seite werden der Universitätsstandort Cottbus und die Entwicklungsperspektiven der Stadt und der Region durch diesen Schritt deutlich gestärkt. „Mag mancher den Übergang auch mit Wehmut verfolgen – das Carl-Thiem-Klinikum ist auf dem Weg zu einer modernen Universitätsklinik mit Forschung und Lehre sowie dem Medizinstudium zur Gewinnung von Ärztinnen und Ärzten. Von solch einer Investition hätten wir vor wenigen Jahren nicht einmal zu träumen gewagt. Nun wird sie wahr. Das belohnt alle, die an der Idee und den Vorbereitungen gearbeitet haben. Cottbus/Chó¶ebuz bekommt eine zweite Universität und vielfältige Entwicklungschancen. Dazu zählen für uns auch die städtebaulichen und infrastrukturellen Ansätze rund um das heutige CTK-Gelände, die die Spremberger Vorstadt deutlich profilieren werden. Da wird viel gebaut werden, und wir planen die Erweiterung des Straßenbahn-Netzes um den neuen Medizin-Campus herum. Die Medizinische Universität Lausitz – Carl Thiem wird unsere Stadt prägen und auszeichnen wie das ‚alte‘ CTK.“
Brandenburgs Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle betonte, dass heute ein Tag sei, um Danke zu sagen: „Dass wir in Rekordzeit von knapp vier Jahren ein Konzept für eine Medizin-Universität erarbeiten, vom Wissenschaftsrat prüfen lassen, in ein Gesetz gießen und an den Start bringen konnten, ist das Ergebnis einer beispiellosen Partnerschaft. Heute ist Zeit, Danke zu sagen: Danke an die Expertenkommission um Prof. Karl Max Einhäupl! Danke an meine Projektbeauftragten Dr. Ulrike Gutheil und Prof. Eckhard Nagel und meine Stabsstelle! Danke an den langjährigen CTK-Geschäftsführer Dr. Götz Brodermann und an die großartigen Beschäftigten des CTK. Und Danke an die Stadt Cottbus, die umliegenden Kommunen und Landkreise, die Gesundheitseinrichtungen sowie die Pflegenden und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte der Region! Dieses ambitionierte Vorhaben ist nur gelungen, weil alle an einem Strang gezogen haben. Das gilt auch für die Benennung des Gründungsvorstandes: Wir haben nicht nur eine Punktlandung hingelegt, sondern es geschafft, hochkarätige Expertinnen und Experten zu gewinnen. Was mich besonders freut: 50 Prozent Frauen, 50 Prozent Ostdeutsche – 100 Prozent Spitzenklasse!“
Basis CTK
In seiner 110-jährigen Geschichte hat sich das Carl-Thiem-Klinikum Cottbus zum größten Versorger für stationäre Krankenhausdienstleistungen im Land Brandenburg entwickelt. Heute bieten dort rund 3.500 Beschäftigte aus über 56 Nationen in über 20 Kliniken und Departments das Versorgungsspektrum eines universitären Maximalversorgers an und versorgen jährlich über 150.000 Patientinnen und Patienten ambulant und stationär.
Traditionell ist das CTK akademisches Lehrkrankenhaus der Berliner Charité und hat einen breiten Erfahrungsschatz im Bereich der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten im Praktischen Jahr. Weitere Säulen des Klinikums sind die ausgeprägte Struktur eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) zur Versorgung der gesamten Region mit ambulanten ärztlichen Leistungen und die bereits bestehende Ausbildungsstruktur für medizinnahe Berufe in der CTK-Akademie mit 70 Lehrenden und fast 700 Auszubildenden.
Transformation Universitätsmedizin
Dass die Transformation zur Universitätsmedizin und der Übergang in die Landesträgerschaft möglich waren, ist dieser außergewöhnlichen Erfolgsgeschichte des Carl-Thiem-Klinikums zu verdanken. Die ersten konkreten Schritte für diesen Entwicklungsprozess begannen im August 2020 mit dem Strukturstärkungsgesetz des Bundes. Damit wurde die rechtliche Grundlage dafür gelegt, dass mit Bundesmitteln für den Kohleausstieg eine staatliche Universitätsmedizin in der Lausitz errichtet werden kann.
Kurze Zeit danach nahm die von Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle eingesetzte Expertenkommission unter Leitung des ehemaligen Vorsitzenden des Wissenschaftsrats, Prof. Dr. Karl Max Einhäupl, ihre Arbeit auf. Sie legte im Juni 2021 Empfehlungen für Eckpunkte und Schwerpunktsetzungen der künftigen Universitätsmedizin vor. Auf diesen Empfehlungen aufbauend, koordinierten die Projektbeauftragten Dr. Ulrike Gutheil und Prof. Dr. mult. Eckhard Nagel die weitere Konzeptionierung und bereiteten die Gründung der Universitätsmedizin vor. Das gemeinsam mit zahlreichen Akteuren aus Wissenschaft, Gesundheit und Politik entwickelte Konzept wurde schließlich im Frühjahr 2023 dem Wissenschaftsrat zur Begutachtung vorgelegt.
Das Besondere an dem Konzept ist die neue, deutschlandweit einzigartige Verbindung der Forschungsschwerpunkte Gesundheitssystemforschung und Digitalisierung. Das Ziel: innovative Konzepte der Gesundheitsversorgung für ländliche Regionen entwickeln sowie Ärztinnen und Ärzte für Brandenburg ausbilden.
Dies würdigte auch der Wissenschaftsrat als höchstes Wissenschaftsgremium mit seinem positiven Votum im Frühjahr 2024. Parallel dazu hatten sowohl die Stadt Cottbus als auch das Land Brandenburg in partnerschaftlichen Verhandlungen den Weg für den Übergang des städtischen Klinikums flankiert.
Zukunft gestalten
Mit dem Aufbau einer Universitätsmedizin am Standort Cottbus reagiert das Land auf die Herausforderungen und Chancen, die der Transformationsprozess mit dem Ausstieg aus dem Kohleabbau mit sich bringt. In Cottbus werden perspektivisch jährlich 200 Medizinstudierende ihr Studium aufnehmen. Neben der Humanmedizin werden die Masterstudiengänge „Medical Data Science“, „Gesundheitssystemwissenschaften“ und „Advanced Nursing Practices“ entwickelt.
Um einen hochqualitativen Lehr- und Forschungsbetrieb zu gewährleisten, werden in den kommenden Jahren 80 Professuren eingerichtet. Darüber hinaus entstehen weitere rund 1.300 zusätzliche Stellen für Forschung und Lehre sowie eine neue ergänzende bauliche Infrastruktur.
Für die Entwicklung der Medizinischen Universität Lausitz – Carl Thiem stehen bis 2038 Mittel des Bundes und des Landes in Höhe von insgesamt 3,7 Milliarden Euro bereit.
Während des Festakts wurde das neue Führungsteam der Medizinischen Universität Lausitz vorgestellt:
- Vorstand Krankenversorgung: Prof. Dr. Eckhard Nagel
- Gründungsvorstand Wissenschaft: Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey
- Gründungsvorstand universitärer Strukturaufbau: Dr. Ulrike Gutheil
- Pflegevorstand: Andrea Stewig-Nitschke
- Digitalisierungsvorstand: Martin Peuker
- Kaufmännischer Vorstand: Dr. Alexander Hewer
Sie werden am Freitag, den 28. Juni 2024, im Rahmen eines Pressegesprächs auf Einladung der Landespressekonferenz Brandenburg vorgestellt.
Sebastian Scholl wird Beauftragter des Vorstandsvorsitzenden für die Modellregion, Dr.-Ing. Steffen Ortmann wird die digitale Forschungsinfrastruktur leiten und soll stellvertretender Vorstand Digitalisierung werden.
die Medizinische Universität Lausitz – Carl Thiem
Text: MWFK Land Brandenburg
Bild: CTK